C.V. Essay


Ich habe verschiedene Identitäten erkunden müssen – teils fremden Interessen folgend, teils dem eigenen Instinkt. Da war die Einsamkeit in der Familie, die mich zu wochenlangen Tauchgängen in mystische und magische Manuskripte zwang, eh ich noch Haare unter den Armen hatte. Geheimnisvolle Bücher blieben lange die einzige Chance. Und bald schon begann ich, sie selber zu schreiben.

Mein Korporal spielte Cello und wir inszenierten auf Schloss Lucens im Ausgang illegal Gedichte von Rilke und mir zu Bach Solo-Sonaten. Mein melodischer Befehlston wirkte weit über die Kaserne hinaus, was durchaus militärische Karriere-Perspektiven eröffnete. Sogar der Nachrichtendienst machte mir Avancen. Aber da war ich schon wieder wer anders, machte für Wirz mehrfach preisgekrönte Public Relations zu Handen Vontobel, Alusuisse, Swissair, PricewaterhouseCoopers – es waren schöne Zeiten mit viel Drogen und Erfolg. Ich war nur mit einem Fuss drin – der andere war in West Afrika stationiert, wo ich das Geheimnis therapeutischer Besessenheitsrituale lüftete und wo Sex an die Stelle der Drogen trat.

Ich habe mich immer dafür interessiert, wie Sprache Wirklichkeit erschafft. Und ich habe es herausgefunden.

Jürg von Ins
März 2008
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